Digitale Mündigkeit als Ziel
Das Ziel der Medienbildung im Sinne einer digital-souveränen Schule ist, Schüler zu befähigen, sich souverän in der digitalen Welt zu bewegen.
Dieses Ziel konkretisiert sich im Leitbild des digital mündigen Menschen.
Ein digital mündiger Mensch verfolgt die Digitalisierung neugierig, mit technischem Interesse, aber mit kritischer Distanz. Ein Techniksystem kann er nicht nur bedienen, sondern kann es verstehen und die gesellschaftlichen Auswirkungen, die durch die Nutzung entstehen, beurteilen. Auf Basis dieses Urteils kann er eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und selbstbestimmt agieren.
Vertiefte Auseinandersetzung mit der digitalen Welt
In der modernen vernetzten Welt, wo digitale Systeme tief in alle Lebensbereiche hineinwirken, kann nur derjenige souverän handeln, der die Funktionsweise von Technologiesystemen versteht und gelernt hat, die richtigen Fragen zu stellen. Die Medienbildung an Schulen muss darauf hinarbeiten.
Zeitgemäße Medienbildung darf deshalb nicht beim reinen Anwendungswissen stehenbleiben. Sie muss den Blick unter die Oberfläche (ganz konkret z.B. hinter die Bedienoberfläche einer App) ermöglichen. Der Unterricht darf nicht nur auf die Beantwortung der Frage „Wie bediene ich ein Gerät/ eine Software?“ beschränkt sein, sondern muss auch die Aspekte „Wie funktioniert die Technik und wie wirkt sie auf die Gesellschaft?“ thematisieren. Medienbildung, die nur darauf ausgerichtet ist, mit einem Gerät/ einer Software „klarzukommen“, greift zu kurz. Es geht letzlich darum, Digitaltechnologien souverän zu beherrschen und zu kontrollieren.
Es steht außer Frage, dass sich für einen auf digitale Mündigkeit ausgerichteten Unterricht, Open-Source-Software im besonderen Maße anbietet. Durch die Offenheit kann die Funktionsweise der Software besonders gut untersucht werden. Auch Aspekte des Datenschutzes und der Datensicherheit können mit Open-Source-Software besser vermittelt werden.
Konzepte statt Programme
Ganz konkret heißt das auch: Die Medienbildung muss weg von Klick-Schulungen. Viel zu oft ist der Unterricht ausgerichtet auf ein ganz bestimmtes Programm oder eine ganz bestimmte App.
Leider viel zu oft werden hier Softwareprodukte eingesetzt, die nur innerhalb des eigenen Kosmos (Produktpalette des Herstellers) gut funktionieren. Eine Übertragung des Gelernten auf eine andere Software stellt die Lernenden teils vor große Herausforderungen.
Hier ist ein Paradimenwechsel weg von den konkreten Programmen, hin zu den Konzepten dahinter dringend nötig. Drei Beispiele: Statt zu unterrichten, auf welchem Ribbon des Schreibprogramms sich der Pinsel („Format übertragen“) befindet, sollte der Schwerpunkt auf der logischen Textstrukturierung mit Formatvorlagen liegen. Statt in einer Videobearbeitungs-App bei Experimenten mit der Bild-im-Bild-Funktion zu verharren, sollten Kenntnisse über Videocodecs, Frameraten und deren Auswirkung auf die Dateigrößen vermittelt werden.
Statt im Folienpräsentationsprogramm mit den speziellen Folienanimationen der neuesten Version zu zusammenzuklicken, sollte die Gestaltung einer hübschen funktionalen, und einheitlichen Masterfolie erlernt werden.
Lehrkräfte befähigen
Eine auf digitale Mündigkeit ausgerichtete Medienbildung hat einen, der Situation angemessenen, aber doch hohen Anspruch. Es ist selbstverständlich, dass dieses hehre Ziel nicht von heute auf morgen erreicht werden kann. Lehrerinnen und Lehrer zu befähigen ohne zu überfordern wir ein längerer Prozess sein. Ein wichtige Rolle wird dabei die Lehreraus- und -fortbildung inne haben. Damit kann schon heute begonnen werden: Fortbildungen dürfen keine Produktschulungen sein – „Digitale Mündigkeit“ muss auch im Fortbildungsbereich zum Ziel werden.